Die beste Pose by Jeffrey Ashford

Die beste Pose by Jeffrey Ashford

Autor:Jeffrey Ashford [Ashford, Jeffrey]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105610725
Herausgeber: FISCHER Digital
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


10

Die TSS Western Sand war ein zweiundzwanzigtausend Tonnen großes Passagierschiff, das noch ein Jahr im Dienst bleiben würde und nur deshalb Gewinn abwarf, weil die Sand-Dampfschiffahrtsgesellschaft vor fünf Jahren einen günstigen Vertrag über Postbeförderung ausgehandelt hatte. Während der dreißig Jahre, die sie schon die Meere befuhr, war sie einmal modernisiert worden. Man hatte ihr einen schlanken, geraden Bug gegeben, einer der beiden Schornsteine war weggefallen und Fock- und Hauptmast waren erneuert worden. Sie besaß jetzt eine Anmut, die sie als neues Schiff nicht gehabt hatte.

Pilgrim mochte weder das Meer noch Schiffe, modernisiert oder nicht. Schon wenn die Wellen nur ein wenig höher gingen, wurde er seekrank, und bei dem schweren Sturm vor drei Tagen – im Logbuch war allerdings nur von mittlerem Seegang die Rede – hatte er beinahe geglaubt, sterben zu müssen.

Er saß an der Bar und bestellte noch einen Whisky mit Eis. Der Barmann goß ihm ein. Die Musik aus der Diskothek ein Deck unter ihm war fast nicht zu hören. Er hatte versucht, mit einer flotten Blonden anzubändeln, doch sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, daß sie einen jungen Stier lieber mochte als ein altes Rindvieh. Verdammt, dachte er leicht angetrunken, er war schließlich erst fünfunddreißig, aber man lernte eben nie aus.

»Hallo, hallo!« klang es aus dem Lautsprecher. »Wir rufen Mr. Pilgrim! Bitte, kommen Sie ins Büro des Zahlmeisters auf Deck C! Wir haben eine Nachricht für Sie!«

Plötzlich spürte Pilgrim einen unangenehmen Knoten im Magen. Er trank seinen Whisky aus, verließ die Bar und ging zum Lift, der vor Altersschwäche so laut ratterte, daß er sich bei jeder Fahrt fragte, ob er überhaupt ein Sicherheitsseil besaß.

Das Büro des Zahlmeisters ging von einer kleinen Halle ab. Es bestand aus einem sechs mal drei Meter großen Arbeitsraum, der durch eine Theke vom Publikumsverkehr abgetrennt war. Dahinter lag ein winziger Raum für den Oberzahlmeister, der angeblich dort täglich zwei Flaschen Whisky trank. Hinter der Theke saßen ein junger, glatter Zahlmeister mit zwei Streifen am Ärmel und eine energische Brünette mit einem Streifen. Er stellte sich bei ihr vor und fragte, wieso er sie nicht schon früher auf seiner Reise getroffen habe. Mit einem etwas gezwungenen Lächeln antwortete sie, daß sie leider sehr viel zu tun gehabt habe. Sie reichte ihm ein Schiffstelegramm.

Er riß es auf und las: BEDAUERN ABBOT GESTERN ABEND VERSCHIEDEN STOP ALLE PLÄNE FALLENLASSEN UND SOFORT NACH HAUSE KOMMEN STOP ANNE

Er knüllte es zusammen und steckte es in die Tasche. Er merkte, wie ihn das brünette Mädchen aufmerksam ansah, aber er achtete nicht auf sie. Er fuhr mit dem Lift wieder hinauf und kehrte in die Bar zurück, wo er einen neuen Whisky mit Eis bestellte. Zwei Bargäste schlugen ihm vor, Poker zu spielen, doch er lehnte ab. Er fühle sich nicht besonders wohl. Die Männer lachten und meinten, er solle künftig lieber an Land bleiben. Dann gingen sie.

Nachdenklich schlürfte Pilgrim seinen Whisky. Irgend etwas war schiefgegangen, er zitterte innerlich vor Entsetzen. Tausend Pfund hatte man ihm für die Fahrt versprochen. Alles würde glattgehen, keine Probleme! Es hatte geklungen wie ein Geschenk des Himmels.



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